otto haesler initiative
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Das Blumläger Feld - hier lange Hauszeile Hugoweg (Foto Januar 2000) - wurde 1930/31 nach Plänen von Otto Haesler errichtet.                                  Foto: ohi 

Das Blumläger Feld

Die Siedlung "Blumläger Feld" in Celle aus den Jahren 1930/31 bildet den Abschluß der Entwicklungsreihe der Siedlungsbauten Haeslers in Celle. Gebaut in der wirtschaftlich schwierigen Zeit nach der Weltwirtschaftskrise wurde sie schon damals in allen wichtigen Fachzeitschriften vorgestellt. Denn Haesler war es gelungen, durch Rationalität in der Bauweise und in den Grundrissen preiswerte Wohnungen - die billigsten Sozialwohnungen in der Weimarer Republik - zu bauen, die für damalige Verhältnisse einen hohen Wohnkomfort für breite Kreise schufen. Deutlich wird dabei das soziale Engagement, das die Bauten Haeslers prägte. 

Natürlich wurden im Laufe der Zeit Änderungen notwendig. Die Funktion der ursprünglichen Gemeinschaftsanlagen für Baden/Duschen/Wäsche wurden inzwischen beispielsweise in die Wohnungen integriert. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sieht der Eigentümer, die städtische Wohnungsbau GmbH,  aber einen dringenden weiteren Handlungsbedarf. Argumente sind dabei die zu hohen Unterhaltungskosten und Probleme bei der Vermietbarkeit der kleinen (34 bis rund 53 Quadratmeter) Wohnungen. 

Modell der geplanten Umgestaltung 
Holz-Modell der Siedlung Blumläger Feld im Haesler-Dokumen tationszentrum Celle mit aktuellen Erläuterungen.       Grafik: ohi 

Sie hat deshalb den Architekten Ivan Kozjak mit den Planungen für eine Sanierung beauftragt. Dabei geht es um das Zentrum der Siedlung, das zwischen den Straßen Galgenberg und Weißes Feld liegt. Es besteht aus zwei über 200 Meter langen, zweistöckigen Hauszeilen, einem streng nach Süden ausgerichteten Flügel, der ursprünglich für Lungenkranke gedacht war, und einer weiteren halben Häuserzeile. Im Mai 1998 wurden die Planungen als fertiges Konzept der Presse vorgestellt. 

Auch die kurz zuvor gegründete "otto haesler initiative", die sich eigentlich zunächst mit Fragen des Rückbaues der Altstädter Schule beschäftigen wollte, wurde durch diese nun erstmals öffentlich bekannt gewordenen Pläne überrascht. Die Tatsache, daß die Wohnungen an heutige Anforderungen angepaßt werden sollen, ist durchaus zu begrüßen, wenn dies auf die Bedürfnisse der Mieter eingeht. Die Planungen sehen aber auch gravierende Eingriffe in die äußere Gestalt vor - durch Aufstockungen und Anbauten geht die Denkmaleigenschaft der Siedlung verloren. 
 

Wegen der hohen Bedeutung des Baudenkmals fordert die "otto haesler initiative", weitere Architekten einzuschalten, um Möglichkeiten zu erörtern, schonender mit der Bausubstanz umzugehen. Als Mitglied der Initiative hat Sid Auffarth einen Gegenentwurf erarbeitet, der zur Zeit dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur vorliegt. Auch wenn man in Hannover den Zielen der Initiative positiv gegenüber stand, konnte man die Pläne der WBG nicht verhindern. Diese begann im März 2000 mit den Bauarbeiten beginnen.

Nachdem nun das Konzept am Rauterbergweg - die Hauszeile verlor dadurch ihre Denkmalseigenschaft - und am Galgenberg (Lungenflügel) verwirklicht worden ist, gab es eine Pause. Und dann kam das neue Konzept für den Hugoweg: Abriss .... 
Literaturhinweise:  
> Bauwelt, Nr. 39, vom 9.10.1998: 
S. 2146 Dietmar Brandenburger: Haesler    redivivus 
S. 2148 Simone Oelker: Haesler II (aus Sicht der otto haesler initiative 
 
> Olaf Bartels: Geisterbeschwörung in Celle, in: Baumeister 2/1999 

> Falk-Reimar Sänger: Die Haesler-Siedlung auf dem Blumläger Feld in Celle - drohender Verlust eines hochwertigen Baudenkmals. In: Berichte Zur Denkmalpflege in Niedersachsen, 19. Jahrgang, Heft 1/1999 (März 1999), S. 50f 

> Jürgen Tietz: Ungeliebte Moderne. Umbauplanungen bedrohen die Siedlung Blumläger Feld von Otto Haesler, in: Deutsche Bauzeitung 3/1999. 

> Jürgen Tietz: Norddeutsche Ikonen des Neuen Bauens - Otto Haeslers Siedlungen in Celle. In: Neue Zürischer Zeitung, 27./28. März 1999, S. 66. 

> Hilfe, ich muß wohnen - Komfort oder Moderne: Streit um das "Blumläger Feld" in Celle. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. 9.1999. 

 Das Ende der beiden Hauszeilen am Hugoweg (Foto: 12.5.2003 - ohi) 
 

Aus dem Celler Kurier 25.8.2002: 

Ersatz durch Reihenhäuser ab dem kommenden Jahr
Haeslerbauten am Hugoweg 
sollen abgerissen werden
CELLE (cm). Vor kurzem fiel in der Städtischen Wohnungsbau GmbH (WBG) eine Grundsatzentscheidung darüber, was in der Siedlung Blumläger Feld mit dem letzten noch weitgehend original erhaltenen langen Zeilenblock am Hugoweg und der halben Zeile zur Burgstraße hin geschehen soll. Beide sollen abgerissen und durch 30 Eigenheime ersetzt werden. 
Grundsätzlich war schon im vergangenen Jahr (28. Juni 2001) die Entscheidung im Aufsichtsrat gefallen, dass man das ursprünglich für den gesamten Komplex zwischen Rauterberg- und Hugoweg geplante und umstrittene Umbaukonzept nicht auf dem Hugoweg anwendet. Hier sollte also nicht "im Bestand saniert", so der Aufsichtsratsvorsitzende der WBG, Dr. Wulf Haack. Im Oktober hat der Aufsichtsrat dann die Geschäftsführung beauftragt, einen Investor zu finden, der die ursprünglichen Planungen am Hugoweg nach den Plänen des Architekten Ivan Kozjak doch übernehmen würde. Zudem sollte beim Stadtplanungsamt ergründet werden, welche anderen baulichen Maßnahmen planungsrechtlich zulässig wären. 
Anfang des Jahres kam dann die Nachricht vom Landesamt für Denkmalpflege, dass die modernisierte und umgebaute Hauszeile am Rauterbergweg aus der Liste der Denkmale gestrichen sei. Zwei Monate später berichtete die WBG-Geschäftsführung dem Aufsichtsrat, dass ein Investor für die ursprünglichen Pläne nicht gefunden worden sei, und er stellte zugleich in der Sitzung am 27. März ein Grobkonzept für eine Alternativbebauung vor. Nach Angaben der WBG hätten das städtische Planungsamt und die "Denkmalschützer" die Genehmigungsfähigkeit signalisiert. 
Irgendwann wurde dann eine "Konzeptstudie im konkurrierenden Verfahren" in Auftrag gegeben, so dass Mitte August drei Architekten - zwei aus Celle und Ivan Kozjak aus Hannover - ihre Entwürfe dem Aufsichtsrat vorstellen konnten. Vorgabe war dabei, dass Doppel-, Reihen- oder Kettenhäuser unter anderem mit hohem Wohnwert, niedrigen Baukosten in flächensparender Bauweise errichtet werden sollten. "Die Merkmale des Zeilen-Charakters sollen aus städtebaulicher Sicht und aus Respekt vor der dahinter stehenden Idee des Architekten Otto Haesler zwingen erhalten bleiben," hieß es und so waren den Unterlagen auch Beispiele beigegeben, wie Haesler Anfang der 30er Jahre Einzelhäuser plante. 
Vorgestellt wurde der Presse dann nur der Entwurf von Kozjak, für den sich Aufsichtsrat und Geschäftsführung nach Angaben Haacks einstimmig entschieden hätten. Er sieht 14 voll ausgebaute und 16 "wachsende Bauwerke" vor, die schlüsselfertig etwa zwischen 150.000 und 165.000 Euro kosten sollen, inklusive 270 bis 370 Quadratmeter großes Grundstück, erläuterte WBG-Geschäftsführer Siegfried Hildebrandt. 
Die derzeit dort befindlichen 65 Mietwohnungen seien etwa zu zwei Drittel schon leer. Nach der Aufsichtsratssitzung hätten die übrigen Mieter die Kündigung bekommen. Einige hätten einen neunmonatigen Kündigungsschutz, so dass der Abriss spätestens danach im Mai 2003 beginnen könne - vielleicht aber auch schon vorher, meinte Hil-debrandt nach der positiven Erfahrungen mit den Mietern am Rauterbergweg. 
Natürlich müsse dann noch die Abrissgenehmigung beantragt werden, so Haack. Er gehe aber davon aus, dass man diese ohne Probleme bekomme, da ja das Celler und das Lüneburger Denkmalschutzamt ihnen schon einmal bestätigt hätten, dass das Blumläger Feld insgesamt wirtschaftlich nicht haltbar sei.  Daran könne sich doch in vier Jahren nichts geändert haben, meinte Haack. 
Dann wolle man ein bis zwei Musterhäuser bauen, und nach und nach - Haack schätzte nach zwei Jahren - würden dann alle 30 Häuser fertig. Das sei ein Auftragsvolumen von 3,5 bis 4,0 Millionen Euro für die hiesige Bauwirtschaft. 
Nachdem jetzt der Grundsatzbeschluss gefallen sei, könne man nun an die Detailplanungen gehen. Und dann könne man das Projekt auch öffentlich einmal vorstellen. Hildebrandt ging davon aus, dass man den Bewohnern der Siedlung im Frühherbst oder Oktober die Pläne im "Waschhaus" am Galgenberg zeigen könnte. 
Haack hatte im Juni als Gast einer Versammlung der "otto haesler initiative" gesagt, dass dies bestimmt etwas sehr schönes werde, ohne dass er damals konkret werden konnte. In der Pressekonferenz bekräftigte er diese Aussage nun auch angesichts der vorgelegten Pläne. Erste Reaktionen der damaligen Zuhörer aus der Initiative lassen dagegen erkennen, dass diese die Pläne eher für eine Katastrophe halten, die für den Denkmalschutz ein Schlag in das Gesicht seien. 


aus dem Celler Kurier 1.9.2002: 

Stellungnahme der "otto haesler initiative"
Mit der Haesler-Stiftung  gegen die WBG-Pläne?
CELLE. In einer Stellungnahme kritisiert die "otto haesler initiative" (ohi) die neuen Pläne der Städtischen Wohnungsbau GmbH (WBG) für das Blumläger Feld.  
 "Die WBG will die vom bekannten Architekten der 20er Jahre, Otto Haesler, konzipierten Häuser am Hugoweg (Blumläger Feld) spätestens im Juni 2003 abreißen. Der otto haesler initiative (ohi) liegt ein Brief aus dem niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst vor, nach dem es gar nicht sicher ist, dass die dazu notwendige Abrissgenehmigung auch erteilt wird. Deshalb hofft die Initiative, dass der Denkmalschutz doch noch eine Chance hat. 
Sicherlich hat der von der WBG vorgelegte Entwurf seine Qualitäten - wenn er an anderer Stelle verwirklicht würde. Die Frage ist jedoch, warum man das Original zerstört und sich mit Neubauten vielleicht irgendwie "im Geiste Haeslers" zufrieden geben soll. Die parallel dazu liegende Hauszeile am Rauterbergweg hat bereits durch den umstrittenen Umbau des Archtikten Ivan Kozjak ihre Eigenschaft als Baudenkmal verloren. 
Die Stadt Celle und ihre Otto-Haesler-Stiftung, deren Vorstand auch Dr. Wulf Haack und Siegfried Hildebrandt von der WBG angehören, haben sich als Ziel gesetzt, das Erbe Otto Haeslers zu erhalten. Mit dem Abriss des Hugoweges würde aber nicht irgendein Haus verschwinden, sondern ein wichtiger Teil einer Siedlung, die das Endglied der drei bahnbrechenden, in Celle errichteten Haeslersiedlungen (Italienischer Garten, St. Georg Garten und Blumläger Feld) bildet. Die Initiative hat die städtische Haesler-Stiftung gebeten, sich hier für den Erhalt des Baudenkmals einzusetzen, um gemeinsam mit der Initiative gegen die WBG-Pläne vorzugehen, zumal das Schicksal der WBG, deren Verkauf bereits öffentlich diskutiert wird, ungewiss ist. 
Das Blumläger Feld wird in der öffentlichen Meinung in Celle fast immer unterschätzt. Auf der international anerkannten docomomo-Liste für die wichtigsten Bauten des 20. Jahrhunderts wird es an 27. Stelle weltweit geführt! Der bereits eingetretene Imageverlust der Stadt Celle durch die umstrittenen Umbauten am Rauterbergweg wird sich in der Fachwelt durch diesen Abriss noch vergrößern. 
Die Angabe der WBG, dass die Statik der Haeslerschen Stahlskelettkonstruktion einen denkmalgerechten Umbau unmöglich macht, ist eine bloße Meinung. Es gibt Aussagen mehrerer Fachleute, dass eine Erweiterung der Wohnungen durch Zusammenlegung von Raumelementen innerhalb des zu erhaltenden, größtenteils intakten Stahlskeletts durchaus möglich ist - in Verbindung mit der Verbesserung der sanitären Einrichtungen. 
Die ohi bedauert, dass die städtische WBG, nachdem ihr umstrittenes Gesamtkonzept für das Blumläger Feld gescheitert ist, nun am Hugoweg nichts anderes als den Totalabriss plant. Ständig wiederholte Begriffe von "alten Kisten" oder "diesen Dingern" von Seiten der Geschäftsführung haben schon erkennen lassen, dass der architektur- und sozialgeschichtliche Wert der Siedlung von dem Eigentümer leider nicht angemessen bewertet wird." 


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